JANUAR ‘16

APRIL ‘17
VON BAULÜCKEN UND MIKROARCHITEKTUR

Von Baulücken und Mikroarchitektur

Für viele von uns ist ein großzügiger Wohnraum das Maß aller Dinge. Doch was macht eine gute Raumatmosphäre aus? Vielleicht geht es gar nicht um die Raumgröße sondern vielmehr um eine gute Raumgestaltung?

Für uns Gestalter ist ein Raumkonzept umso anspruchsvoller je weniger Platz vorhanden ist und je mehr Funktionen der Raum erfüllen soll. Wie ich finde, eine immer wieder spannende Aufgabe. So geht es zum Beispiel darum Möbel oder Innenarchitektur zu entwerfen, die verschiedene Funktionen zugleich erfüllen soll. Alle Details werden wichtiger, alle Farben und Materialien müssen sensibel und fein aufeinander abgestimmt werden, da die Schnittstellen viel komplexer sind. Andere Länder stellen sich hier ganz anderen Herausforderungen. In Japans Hauptstadt Tokio ist Platzmangel die Herausforderung an die Gestalter. Winzige freie Räume auch zwischen Häusern werden genutzt um darin zu wohnen. Ein interessantes und zugleich extremes Beispiel hierfür ist die Entwicklung von „Tokios Nest“. Hier wurde ein Prototyp entwickelt, der auf einem 60 cm breiten und 850 cm tiefen Grundriss über zwei Etagen alle wichtigen Bereiche des Wohnens wie Bad, Küche, Wohnen und Schlafen abbildet. Aufgrund von Planungsrichtlinien gibt es in Tokio Lücken zwischen vielen Gebäuden. Diese sollten mit dem Entwurf gefüllt werden. Ein spannender und extremer Ansatz, der aber mit Sicherheit auch auf andere Städte und Bereiche übertragbar ist.

Viele bereits umgesetzte Projekte zeigen auf was möglich ist. So auch das Projekt „Garden & House“ von Ryue Nishizawa. Eine Art Wohnturm eingebettet zwischen Häusern mit vielen transparenten Elementen. Der Außenraum wird umso wichtiger je kleiner der Innenraum ist, Sichtbezüge nach draußen sind von großer Bedeutung und der Innenraum verwächst mit dem Außenraum.

Das „1.8-M Width House“ von YUUA Architects & Associates steht ebenfalls in Japan. In einer Baulücke von lediglich 2,5 m Breite und einer Tiefe von 11 m entstand dieses private Wohnhaus. Licht und frische Luft durchströmt die langen Räume von Seiten der Glasfronten auf den schmalen Gebäudeseiten. Dunkle ruhige Farben geben den Räumen zusätzliche Tiefe.

Ein anderes Haus dieser Art steht in einer ehemaligen Baulücke in Warschau. Das Architekturbüro Jakub Szczęsny entwarf das wahrscheinlich schmalste Haus der Welt. Es misst an der breitesten Stelle gerade einmal 122 cm, an der schmalsten lediglich 72 cm. Eine nahezu nicht vorstellbare Raumsituation macht ein Wohnen auf kleinstem Raum möglich.

Warum stellen wir uns nicht viel mehr diesen Herausforderungen? Vielleicht sollte Platzmangel bei uns nicht der Hauptbeweggrund für ein Umdenken sein, aber doch sicher die überteuerten Preise für Quadratmeter. Ich bin gespannt ob diese Entwicklung in Zukunft auch bei uns mehr Gefallen finden wird.

Auf unserer Pinterest-Pinnwand „PURIST Mikroarchitektur: not only small!“ findet ihr Bilder zu den Projekten.

AUTORIN

STEFANIE MARTIN
Diplom-Ingenieurin, Innenarchitektur
PURIST GmbH, Ludwigsburg

s.martin@purist-design.de

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